Ab dem 1. Juli 2024 wurde in der tschechischen Rechtsordnung auf der Grundlage einer EU-Richtlinie eine neue Rechtsinstitution mit der Bezeichnung „Verbandsklagen“ eingeführt, deren Ziel es ist, den Schutz der Verbraucherrechte zu verstärken. Mit dem Inkrafttreten des Gesetzes und der Änderung der Zivilprozessordnung ist es nun möglich, Sammelklagen in Verbrauchersachen beim Stadtgericht Prag zu erheben.
Eine Verbandsklage kann die Form einer Sammelklage haben, die in einem eigenen Gesetz geregelt ist, oder eine Klage zum Schutz der Kollektivinteressen von Verbrauchern, deren Regelung in der geänderten Fassung der Zivilprozessordnung enthalten ist.
Der Hauptvorteil von Sammelklagen besteht darin, die Situation der Verbraucher im Streitfall zu verbessern, weil es nun möglich sein wird, einzelne Verbraucherstreitigkeiten gegen ein und denselben Unternehmer in einem einzigen Verfahren schneller und kostengünstiger zu behandeln. Bislang haben die Verbraucher ihre Ansprüche wegen der geringen Streitwerte oft gar nicht vor Gericht eingeklagt oder sich für eine außergerichtliche Streitschlichtung entschieden, beispielsweise über die tschechische Handelsaufsichtsbehörde, deren Entscheidung weder bindend noch vollstreckbar ist, so dass es eher darum geht, eine Kompromisslösung zwischen den Parteien zu finden. Selbst wenn ein Sammelverfahren eingeleitet wird, kann der Verbraucher seinen Anspruch gegen denselben Unternehmer in einem eigenen Verfahren weiterverfolgen.
Es ist jedoch wichtig zu betonen, dass nur eine eingetragene non-profit Verbraucherschutzorganisation als Kläger in diesen Verfahren auftreten kann. Die Liste der in der Tschechischen Republik zugelassenen Organisationen, die im Interesse der Verbraucher handeln können, wird vom Ministerium für Industrie und Handel und innerhalb der Europäischen Union von der Europäischen Kommission geführt. Betroffene Verbraucher und kleine Unternehmen müssten sich nur anmelden. Zu diesem Zweck hat das Justizministerium eine Website mit einer Liste der eingeleiteten Verfahren und Informationen über die Anmeldung und den Stand der Verfahren eingerichtet.
Außer Verbrauchern können sich auch kleine Unternehmen für Sammelklagen anmelden. Während als Verbraucher jede natürliche Person gilt, die außerhalb ihrer gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit handelt, kann ein kleines Unternehmen auch eine juristische Person sein, wenn es weniger als zehn Mitarbeiter hat und sein Jahresumsatz oder seine Jahresbilanzsumme 50 Mio. CZK nicht übersteigt.
Beide Klagen können auch für Ansprüche erhoben werden, die nicht auf einem vorherigen Vertragsverhältnis zwischen dem Unternehmer und dem Verbraucher oder Kleinunternehmer beruhen. In diesen Fällen ergeben sich die Ansprüche typischerweise aus einem Gesetzesverstoß.
Während in Tschechien Sammelklagen nur bei Verbraucherstreitigkeiten möglich sind, kommen sie in einigen europäischen Ländern auch bei arbeitsrechtlichen Streitigkeiten oder bei Ansprüchen aus Eingriffen in das Recht auf eine gesunde Umwelt in Betracht.
Zuletzt sei noch darauf hingewiesen, dass Sammelklagen nur für Streitigkeiten erhoben werden können, die nach dem Inkrafttreten des Gesetzes, d. h. nach dem 1. Juli 2024, entstehen, nicht aber für ältere Streitigkeiten.